Gehörbildung mit Play-Alongs

Es wird oft empfohlen, mit Aufnahmen von Alben zu spielen. Ich verwende lieber Play-Alongs. Auf learnjazzstandards(dot)com werden so viele Backing-Tracks zur Verfügung gestellt. Ich habe so viele Play-a-longs von Aebersold. Mit Play-Alongs habe ich nicht den Eindruck, mich rüde einzumischen. Improvisieren bedeutet loszulassen, besonders wenn man die Akkorde nicht kennt. Man braucht ein bisschen eine „Scheißegal“-Mentalität :o)

 

Miniskalen

Im Improvisations-Workshop auf learnjazzstandards(dot)com habe ich ein einfaches System aus 4 Tönen für die gängigen Jazzakkorde kennengelernt. Jazzfreunde kannten dieses Konzept bereits. Man nehme den Dreiklang und ergänze ihn um eine gut passende Note. Bei Dur und Dominant kommt zum Durdreiklang noch die Sekunde. Bei Moll und Halbvermindert oder Vollvermindert kommt zum Dreiklang noch die Quarte. Zum Beispiel:

Cmaj7: C D E G

C7: C D E G

Cm7: C Eb F G

Cm7b5: C Eb F Gb

Cdim: C Eb F Gb

Natürlich braucht auch dieses Konzept Übung. Man beachte, die Miniskalen sind in zwei Fällen gleich. Für 60 Akkorde braucht man gerade 36 Miniskalen. Mit Begeisterung habe ich mich daran gemacht, sie einzustudieren. Ich schätze, ich brauche noch ein halbes Jahr, bis ich halbwegs flüssig damit improvisieren kann.

Ich habe mir auch Gedanken gemacht, wie man das System erweitern kann. Man könnte den Viererakkord nehmen und ihn mit Sekunde bzw. Quarte ergänzen. Beim Dur-Akkord nimmt man im Jazz besser die Sexte als die große Septime.

Cmaj7: C D E G A (Dur-Pentatonik)

C7: C D E G Bb

Cm7: C Eb F G Bb (Moll-Pentatonik)

Cm7b5: C Eb F Gb Bb

Cdim: C Eb F Gb A

 

Zweite Umkehrung

Dieser Tipp mag etwas für angehende Jazz-Pianisten sein: Benutzen Sie die zweite Umkehrung im Dominant-Akkord der ii-V-I-Verbindung. In C-Dur:

Dm7: D F A C

G7, zweite Umkehrung: D F G B

Cmaj7: C E G B

(Ich verwende die englische Notation, B=H.) Sie sehen, zwei Töne bleiben gleich, zwei Finger können auf den Tasten liegen bleiben. Man muss sich nur Gedanken über die beiden anderen Töne des Akkordes machen.

Ich habe das für alle Tonarten geübt:

 

Improvisation in C

Manchmal werde ich gefragt: „Wie heißt das Stück, das Du gerade auf dem Klavier gespielt hast?“ Ich antworte stolz: „Das war improvisiert!“ Ich habe heute eine Aufnahme gemacht. Mit der linken Hand spiele ich nur einen Ton, das große C, den Grundton als Viertelnoten. Mit der rechten Hand bleibe ich hauptsächlich in C-Dur, spiele aber auch chromatische Annäherungen auf den Offbeats. Auch die drei Hauptakkorde, C, F und G, sind dabei.

 

Das Gold heraussieben

„Ihr müsst das Gold heraussieben!“, sagt der Jazz-Coach Brent Vaartstra zu seinen Schülern. („You have to sift the gold!“) Man muss selbst entscheiden, welcher Ratschlag oder Kurs am besten für einen gerade ist. Worauf man im Augenblick die meiste Mühe verwenden will, sich zu verbessern. Vieles mag noch zu schwierig sein, mehr Zeit brauchen oder nur in kleinen Schritten zu erreichen sein.

Seit 2007 mache ich wieder mehr Musik, auf Saxophon, Klavier und Klarinette. Mal habe ich mehr Zeit, mal sind andere Dinge wichtiger. So ist das Leben. Ich bin froh, dass ich Gehörbildung mache. Ich bin noch nicht sehr weit, aber immerhin kann ich Intervalle erkennen. In Darmstadt spielte ich in Workshop Bands, in Paderborn habe ich gerade Zeit für Saxophon-Unterricht.

Die Frage ist, ob wohlgesetzte Töne Probleme lösen können. Direkt wohl eher nicht, aber man fühlt sich entspannter und optimistischer, was sicherlich hilfreich ist. Die Kunst macht unsere Welt schöner.

Motivation

„Was motiviert dich zu üben?“, wurde ich gefragt. Ich gab die poetische Antwort: „In meiner Freizeit will ich ein Künstler sein, der die Schönheit des Moments schätzt.“

Oh Tannenbaum

Liebe Leserinnen und Leser,

wieder geht ein Jahr mit Höhen und Tiefen zu Ende. Lernen wir daraus für 2024! Apropos lernen, ich übe mich im Klavierspielen. Nach Gehör, d.h. ohne Noten, habe ich „Oh Tannenbaum“ zusammenbekommen:

Ich hoffe auf eine friedlichere und vernünftigere Welt im kommenden Jahr. Und Karl Jaspers hatte so recht, wenn er betonte, dass Tagträume wichtig seien, sonst drohe einem der gute Stern zu verblassen.

Herzliche Grüße aus Paderborn,

Henning Raach

 

Klavier und Rucksack

Ein Klavier passt nicht in Ihren Rucksack. Wohl aber ein Laptop und ein externer MIDI-Controller wie zum Beispiel das AKAI LPK25. Den MIDI-Controller benutze ich mit einem virtuellen Piano, Band in a Box oder eigener Software von AKAI. Das virtuelle Piano braucht man nicht mit der Maus oder Tastatur zu bedienen. Mit der Klaviatur des Controllers kommt man viel weiter. Man kann vor sich die Akkorde eines Standards haben. Band in a Box, zum Beispiel, liefert ein Play-Along.

 

Visualisierung

Visualisieren im weiteren Sinne tut man, wenn man etwas in Gedanken durchgeht. Ein Arzt, zum Beispiel, stellt sich zuvor die Operation vor, die er später durchführen wird. Jazzmusiker wiederum müssen sich auf die Improvisation vorbereiten. Sie müssen wissen, wann welcher Akkord gerade wichtig ist, welche Töne zu dem Akkord gehören und welche Skalen dazu passen. Dieses Wissen muss ohne Verzögerung abrufbar sein. Deshalb ist es gut zu visualisieren. Vor dem inneren Auge sieht man das Akkordsymbol. Man weiß, wie sich die jeweilige Terz, Quinte, Septime und übrige wichtige Töne auf dem Instrument anfühlen. Man hat eine Vorstellung von ihrem Klang. Das alles zu beherrschen ist sicher eine Lebensaufgabe. Einen Kurs, der einen heranführt, findet man auf jazzadvice(dot)com . „Von den Amerikanern lernen, heißt Jazz lernen!“ (eigenes Zitat)

Das virtuelle Piano und ich

Dieser Ratschlag mag für Leute sein, die auch oft online sind.

Ein virtuelles Piano benutze ich meist nur kurz, sagen wir, für 5 Minuten, ohne mein Saxophon zusammenbauen zu müssen. Auch lassen sich Intervalle leichter bestimmen, man braucht nur Halbtonschritte zu zählen.

Derzeit lerne ich die fünf Grundtypen der Akkorde im Jazz für alle 12 Grundtöne. Für den Grundton C sind diese Cmaj7, C7, Cm7, Cm7b5 und Cdim. Ich beginne zunächst mit den Dreiklängen in Dur, Moll und vermindert. Nach den 5 Grundtypen ist der nächste Schritt, die ii-V-I-Verbindung als Arpeggios zu spielen in allen 12 Tonarten, zum Beispiel, Dm7, G7, Cmaj7. Dann die ii-V-i-Verbindung (in Moll), zum Beispiel, Dm7b5, G7b9, Cm7.

Auch das Singen lässt sich wunderbar mit einem virtuellen Piano üben. So fand ich heraus, dass mein Stimmumfang ungefähr vom großen E (E2) bis zum kleinen E (E3) reicht.

Das virtual piano meiner Wahl zurzeit ist das von recursive arts.